Was als Umzug begann, endete für mich in einer ganz neuen Lebenseinstellung. Ich sah alle materiellen Güter, die ich besaß, in einer völlig anderen Sichtweise. Je mehr ich aussortierte, desto freier und ungebundener fühlte ich mich. Dies habe ich bis zum heutigen Tage beibehalten. Minimalismus ist für mich mehr, als einfach nur wenig zu besitzen. Doch dazu später mehr.
Was genau ist Minimalismus
Nüchtern betrachtet bedeutet Minimalismus, dass man nur das besitzt, was man auch wirklich zum leben braucht. Jedoch reicht es nicht, einfach nur seine materiellen Güter zu minimieren – man muss es auch mental verinnerlichen und verstehen. Denn ein glückliches und zufriedenes Leben besteht nicht darin, immer nur neue Dinge zu kaufen. Es geht vor allem darum, wieder mit sich selbst zufrieden zu sein. Das was man hat, wer man ist und wer einem im Leben begleitet, wieder wert zu schätzen. Zufrieden damit zu sein, dass man gesund ist, jeden Tag etwas Warmes zu essen hat, ein Dach über dem Kopf hat, saubere Kleidung usw. Denn um glücklich zu sein, bedarf es nicht 20 Paar Schuhe oder immer wieder das neueste Handymodell.
Ein anderer wichtiger Punkt ist selbstverständlich das Thema Nachhaltigkeit. Die Erde verfügt nur über eine begrenzte Anzahl an Rohstoffen. Doch statt Einsicht zu zeigen, beutet der Mensch sie mehr und mehr aus. Schon jetzt neigen sich wichtige Dinge wie Erdöl, verschiedene Metalle oder sauberes Trinkwasser dem Ende zu. Schaut man sich jedoch in den Supermärkten, auf den Straßen oder bei den Menschen zu Hause um, wird schnell klar, was die Gründe dafür sein könnten. Kurz und knapp formuliert – kaufen, kaufen, kaufen. Der Mensch wird nicht umsonst als Konsument bezeichnet. Wir kaufen und kaufen immer mehr und immer sinnlosere Sachen. Es reicht eben nicht mehr, nur 2 oder 3 Paar Schuhe zu besitzen, nur einen Fernseher zu Hause zu haben oder nur ein weiterer sinnloser Kerzenständer als Dekoration im Wohnzimmer, der ja doch nie zum Einsatz kommt. Schuld daran ist nicht nur die Industrie, die uns immer wieder auf’s Neue mit „super wichtigen“ und „unentbehrlichen“ Dingen den Alltag erleichtern will. Auch die Erziehung und das soziale Umfeld spielen hier eine wichtige Rolle.
Wer erinnert sich nicht daran, in der Schule gemobbt wurden zu sein, nur weil er nicht die trendigsten Markenklamotten trug. Wird hier seitens der Eltern nicht aufgeklärt, dass es keinen Unterschied macht, ob man eine 10 € teure Hose oder eine 50 € teure Hose trägt, lernt das Kind nur eins: Willst du akzeptiert werden, kaufe keine billigen Sachen. Ein kleines Kind mag dies vielleicht noch nicht verstehen – die Eltern aber sehr wohl, vorausgesetzt sie haben sich darüber schon ein mal Gedanken gemacht. Denn nüchtern betrachtet steht eines fest: Es ist egal, wie teuer eine Hose ist. Und genau hier setzt wieder Gedanke des Minimalismus ein. Man muss sich nun die Frage stellen: „Wofür ist eine Hose eigentlich da?“ Ganz einfach – sie soll Wärme spenden und die Beine sowie Unterleib verdecken. Das mag jetzt vielleicht völlig primitiv klingen, aber das ist der Sinn und Zweck einer Hose. Ebenso braucht man auch keine 10 verschiedenen Modelle in seinem Schrank. Auch hier gilt wieder: „Ich habe 2 Beine. Demnach kann ich auch nur eine Hose tragen.“ Lässt man sich auch hier wieder von den Medien und dem Umfeld verleiten und einreden, dass es falsch und unhygienisch ist, wenn man nur eine oder zwei Hosen besitzt, fühlt man sich somit unterbewusst genötigt, weiter zu kaufen und zu kaufen – obwohl man es gar nicht müsste.
Im Durchschnitt besitzt jeder Deutsche 10.000 Gegenstände
Ja es ist wahr. Hierzu zählen alle Kleidungsstücke, jedes Besteck, jeder Teller, alle Hygieneartikel, Möbel – einfach alles, was sich im Haushalt befindet. Wer jetzt aber denkt, all dies seien wichtige Gegenstände, der irrt. Denn gerade einmal 100 – 200 werden im täglichen Gebrauch wirklich genutzt. Und schon sind wieder wieder beim Thema Nachhaltigkeit. Das dies eine enorme Verschwendung von Geld und Rohstoffen ist, sollte jedem klar sein. Wer sich mit dem Thema Mimimalismus anfreunden möchte, muss sich eine Frage immer wieder stellen: „Brauche ich das wirklich?“ Und dann wird man ganz schnell feststellen: „Nein, das brauche ich wirklich nicht!“
Genau so begann es auch bei mir. Für einen Umzug fing ich bereits einige Monate im Vorfeld an, mein Zimmer aufzuräumen und nicht mehr benötigte Sachen zu verkaufen, zu verschenken oder wegzuwerfen. Doch anstatt vielen Dingen hinterher zutrauern, empfand ich ein Gefühl von Freiheit. Mir wurde nach und nach bewusst, dass ich immer ungebundener wurde. Je weniger ich besaß, desto leichter fühlte sich auch mein Alltag an. Es fing an, mir Spaß zu machen und ich informierte mich weiter und schaute mich in immer mehr Bereichen in meinem Alltag um. Schon bald ging es nicht mehr nur um mein eigenes Zimmer. Auch die Küchenausstattung wurde auf die Probe gestellt. Wofür braucht eine Person eigentlich 5 Teller, 10 Messer – Gabeln – und Löffel, Tassen, Gläser, Brettchen und vieles mehr. Richtig: Eine Person braucht all dies nicht. Es nimmt nur unnötigen Platz weg.
Ein anderer wichtiger Grund ist die Arbeit, die man benötigt, um all dies sauber zu halten. Die meisten Regale im Wohn- und Schlafzimmer sind bis auf den letzten Zentimeter zugestellt. Es liegen Läufer auf dem Boden, Vasen oder altes Geschirr steht in Vitrinen und Bücher verstauben. Im Grunde sind all dies Dinge, die nicht mehr benötigt werden. Sie sind jedoch immer noch da und müssen somit auch sauber gehalten werden. Es hat nichts mit Faulheit zu tun, wenn man sich dieser entledigt. Wozu sollte man denn auch seine Zeit damit verbringen, Dinge sauber zu halten, die man gar nicht mehr benutzt? Das ergibt überhaupt keinen Sinn.
Kann man das noch benutzen?
Viele kennen das: Das Handy hat einen Kratzer, die Hose ein Loch oder die Schuhe einen kleinen Riss. Die Funktionalität dieser Dinge ist dadurch keinesfalls beeinträchtigt. Aber als regelmäßiger Konsument fangen viele an, Emotionen gegenüber diesen Gegenständen zu entwickeln. Dessen ist sich die Industrie auch bewusst. Und genau hier setzen die oben angesprochene Freiheit und das Gefühl von Zufriedenheit an. Beim Minimalismus geht es auch darum, glücklich und zufrieden zu sein, mit dem, der man ist – nicht mit dem, was man hat. Man sollte seine Aufmerksamkeit und seine Emotionen wieder den wichtigen „Dingen“ im Leben zuwenden. Nämlich sich und den Menschen, die einen umgeben. Denn das ist das wirklich Wichtige im Leben. Wird man sich dessen bewusst, hat man bereits einen enorm wichtigen Schritt in Richtung Minimalismus getan.
Gibt es eine Alternative?
Wie oben bereits erwähnt, muss man auch hier immer wieder nachhaken und den Sinn eines Gegenstandes erfragen. Muss es wirklich das teure Handy für 800 € sein oder reicht auch ein günstigeres Modell für 300 €? Oftmals unterscheiden sich teure und günstige Produkte kaum. Einzig und allein der Name macht hier den Preis. Ebenso lohnt es sich, nach gebrauchten Dingen Ausschau zu halten. Oftmals sind diese noch wie neu oder können, mit ein wenig Aufwand, wieder in Schuss gebracht werden. Im Internet findet man hierfür zahlreiche Seiten. Viele Menschen verschenken auch Dinge, die sich nicht mehr benötigen. Gebraucht zu kaufen ist nicht nur günstiger, sondern auch nachhaltiger.
Sollte man von seinem Umfeld ein Gefühl des Außenseiters vermittelt bekommen, nur weil man nicht die modernsten und neuesten Sachen besitzt, muss man sich eines immer wieder sagen: „Das ist die Meinung der anderen Menschen. Nicht meine!“ Letztendlich werden teure Sachen meist als Statussymbol betrachtet. Aber was nützen all diese teuren Dinge, wenn eine leere Hülle Mensch dahinter steht?
„Glücklich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht!“
Zusammenfassend kann man sagen, dass Minimalismus mehr ist, als nur wenig zu besitzen. Es geht ebenso um Nachhaltigkeit, ökologisches und umweltbewusstes Denken und sich seiner Selbst wieder bewusst zu werden. Man soll glücklich und zufrieden sein, unabhängig dessen, was oder wie viel man besitzt. Denn oftmals sind es die kleinen und unbezahlbaren Dinge, die das Leben erst lebenswert machen!
- Marcus