Jeder von uns hat mit Sicherheit ein oder mehrere sportliche Ziele, die er wenigstens einmal im Leben erreichen möchte. Sei es ein flacher Bauch, die Teilnahme an einer Laufverantaltung, die letzten 10 kg noch abzunehmen oder ein paar Kilogramm Muskelmasse draufpacken. Viele suchen dann nach Hilfen und Anleitungen im Internet und lassen sich nur all zu gerne von falschen Versprechungen täuschen. Dies ist allersdings nur ein Grund, weshalb viele Sportler ihre angepeilten Ziele nie zufriedenstellend erreichen oder gar nicht.

Eine falsche Vorstellung von Sport und körperlichen Prozessen

Gefühlt gab es in den letzten Jahren nur eine Richtung, in die der Hobbysport ging: Mit immer weniger Aufwand, in noch kürzerer Zeit noch bessere Ergebisse erzielen. Hier wird jedoch eine komplett falsche Vorstellung darüber vermittelt, dass Sport alles andere als einfach nur eine Nebenbeschäftigung ist. Es ist verdammt harte Arbeit, die sich über Jahre hinweg erstrecken kann. Schließlich arbeitet man an seinem eigenen Körper. Das Herz-Kreislauf-System, der Muskelzuwachs, das Anpassen von Gelenken und Knorpeln, die Belastung für Bänder und Sehnen – all diese Prozesse und körperlichen Gegenbenheiten lassen sich nicht durch mega hippe Trainingsprogramme beschleunigen. Während sich die Muskulatur bereits nach ca. zwei Wochen an neue Belastungen gewöhnt, brauchen vor allem die Gelenke mehrere Monate. Diese grundlegenden anatomischen Prozesse kann man nicht irgendwie umgehen, sondern sollte sie mit Samthandschuhen anfassen. Denn es gibt nichts frustrierenderes, als nach kurzer Zeit schon zu pausieren, weil man auf grund einer Verletzung außer Gefecht gesetzt ist. Und gerade weil all dies Zeit benötigt, verlieren viele schon nach wenigen Wochen die Motivation.

Falsche Versprechen der Fitness-Industrie

Hier möchte ich einmal ein gern zitiertes Beispiel anbringen. Seit einigen Jahren gibt es ein nahezu bahnbrechendes Trainingsprogramm. In der Werbung heißt es, dass bereits 20 Minuten / Woche ausreichen, um auch ambitionierte Ziele zu erreichen. Wozu also dann vier oder fünf mal in der Woche in einem Studio quälen, wenn man mit so wenig Aufwand die gleichen Ergebnisse erzielen kann?

Rechnen wir das Ganze mal kurz durch. Eine Woche hat 168 Stunden, das sind 10.080 Minuten. Wenn wir davon also 20 Minuten Sport machen, dann sind das gerade einmal 0,2 % der Zeit, die uns in einer Woche zur Verfügung stehen. Es sollen also genau 0,2 % körperliche Bewegung pro Woche geügen, um auch ambitionierte Ziele zu erreichen. Zum Vergleich: Wer fünf mal je eine Stunde in der Woche zum Sport geht, kommt auf satte 3 % Zeit für körperliche Bewegung. Das ist 15 x so viel!

Diese und andere „modernen“ Angebote und Trainingspläne gibt es dutzende. Hier muss man aber einmal ganz logisch an die Sache rangehen. Immerhin würde ich vermutlich auch keinen Führerschein schaffen, wenn ich einmal in der Woche für 20 Minuten in die Fahrschule ginge. Auch der Schulabschluss wäre schwierig, mit 20 Minuten Schule pro Woche zu erreichen. Wieso sollten dann also 20 Minuten Sport in der Woche ausreichen, um angemessene Reize zu setzen, damit sich der Körper genögigt fühlt sich anzupassen und besser zu werden?

Falsche Vorbilder

Vor allem Instagram und YouTube vermitteln absolut unrealistische Bilder von Leuten, die ihre sportlichen Ziele erreicht haben und über Jahre hinweg halten konnten. Reißerische Titel wie „So habe ich in 2 Wochen 10 Kilogramm Körperfett abgebaut“ oder „Mit dieser einen Übung schaffst auch du auf Anhieb Muscle-Ups“ werden teilweise millionenfach angeklickt. Was jedoch nur selten oder nie gezeigt wird: Was passiert außerhalb der Videos?

  • Auf welchem Leistungsstand haben die Leute angefangen?
  • Welche Rolle hat die Ernährung gespielt?
  • Wie lange trainieren sie schon?
  • Stimmen überhaupt die in dem Video gezeigten Zeiten mit den realen Zeiten überein?

Vorallem bei den Vorschaubildern für solche Videos fällt mir eines immer wieder auf: Sie passen einfach nicht zu der Person im Video. Auf den Bildern glänzen die Muskeln, alles ist super definiert und augepumpt. Im Video ist davon leider kaum noch etwas zu sehen. Wie entstehen also solche Bilder? Ganz einfach! Es wird eine knallharte Diät über einige Wochen gefahren, wenn es dann ins Shooting geht, wird sich noch einmal ordentlich mit Übungen aufgepumpt und eingeölt. Und genau diese Bilder halten dann für die nächsten Wochen oder Monate für Videos und Artikel her. Dass man natürlich nicht jeden Tag aufgepumpt, auf Diät und eingeölt seinen Alltag bestreitet, wird hier nur wenigen in solchen Momenten bewusst.

Auch ich hätte die Möglichkeit gehabt, ein reißerisches Video von meinen Übungsfortschritten zu erstellen, um zu zeigen was für ein krasser Ausnahmesportler ich bin. Die Übung nennt sich Back-Lever. Diese habe ich nie trainiert. Was ich allerdings sehr viel traineirt habe waren Handstandübungen in allen Varianten und jede Menge Kräftgungsübungen für die Körpermitte und das über mehrere Jahre. Als ich dann zum ersten Mal die besagte Übung versucht hatte, hat es gerade einmal drei oder vier Tage gedauert, bis ich sie in der schwersten Variante gemeistert hatte. Hier hätte ich auch ein Video erstellen können mit dem Titel: „In einer Woche zum Back-Lever“. Normalerweise braucht es mehrere Monate, um diese Übung zu erlernen. Ich konnte die Übung aber nur deswegen so schnell lernen, weil ich die dafür benötigte Muskulatur schon über Jahre hinweg aufgebaut und gekräftigt habe. Diese Punkte werden allerdings so gut wie nie in solchen Videos angesprochen. Lasst euch also nicht in die Irre führen. Das sind nur Momentaufnahmen und nicht die ganze Geschichte!

Inkonsequentes Training

Wer im Training nur 50 % gibt, kann dann auch nur 50 % Ergibnisse erwarten! Ein gut strukturierter und angepasster Trainingsplan ist das A und O. Viele verlassen sich dann auf Allerweltspläne aus dem Internet. Diese sind nicht nur unpersönlich, denn sie kennen dich nicht, sondern auch viel zu allgemein geschrieben. Schließlich sollen sie ja eine möglichst breite Masse ansprechen und ordentlich Geld in die Kassen spülen.

Viele verharren auch zu lange in immer den gleichen Übungen, Gewichten und Sätzen. Hier wird nie variiert und neue Reize bleiben somit aus. Hat sich die Muskulatur allerdings daran gewöhnt, wird auch kein Fortschritt mehr eintreten. Hier kann es dann vorkommen, dass jemand auch nach Jahren des Trainings, einfach nicht über 10 Klimmzüge hinauskommt oder immer noch das gleiche Gewicht auf der Bank drückt, wie vor einem Jahr. Häufig passiert dann Folgendes: Es wird einfach weiter trainiert in der Hoffnung, auf magische Art und Weise wird sich dann schon etwas verändern. Damit verschwendet man nicht nur seine Zeit, sondern läuft auch einer Illusion nach. Warum sollte sich etwas ändern, wenn man immer so weiter macht, wie bisher?

Einfach keine Lust

Seien wir doch mal ehrlich: Wer hat heutzutage noch Lust, sich mal so richtig in etwas reinzuknien? Mit voller Hingabe und Leidenschaft, sich einem Ziel zu widmen. Alles muss immer auf Anhieb und sofort gehen. Viele verlieren schon nach dem ersten Training wieder die Lust, halten aber fest an ihren Zielen. Da wird dann mal hier etwas gemacht, mal da ein wenig und wenn nach einem Monat nichts passiert ist, dann ist die Schilddrüse schuld oder man ist genetisch benachteiligt. Ausreden sind dann schnell gefunden, um die eigene Unlust zu rechtfertigen. Ehrlich sind hier nur die Wenigsten mit sich selbst. Doch wie ich bereits oben geschrieben habe, ist Sport immer eines: Verdammt harte Arbeit!

Das Problem des fehlenden Six-Packs ist dann trotzden nicht gelöst. Lust hat man keine, auch seine Ernährung möchte man nicht umstellen, doch der flache Bauch muss her, schließlich geht es bald in den Urlaub. Also schaut man im Internet nach DEN Six-Pack Übungen (die es aber nicht gibt) oder entscheidet sich für Trainingspläne irgendwelcher Influencer, die mit 3 x 20 Minuten Sport in der Woche riesen Erfolge versprechen. Und genau dann wären wir auch wieder bei den anderen Punkten dieses Artikels angelangt. Falsche Versprechen, falsche Vorstellungen, falsche Vorbilder und keine Lust auf Sport. Und nun sei ehrlich mit dir selbst. Du kannst dich belügen, alle um dich herum, dich immer wieder versuchen rauszureden, alles verdrehen und auf die Arbeit schieben die keine Zeit für Sport zulässt, doch eines kannst du nicht: Deinen Körper belügen!

In diesem Sinne – Sport frei!